Es gibt einige Gebote oder Gesetze des Himmelreiches. Wir finden sie in der Bibel, so wie Christus sie gab. Das Wort Gebot bedeutet, sich "zu wagen", sich zu trauen, oder mutig zu sein.
Ich moechte von einem esoterischen Standpunkt aus sprechen.
Wir kennen wahrscheinlich alle das erste Gebot (St Markus 12:30-31):
"Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft."
Und wenn es all sagt, bedeutet es all.
Das zweite Gebot ist dem gleichgestellt: "Du sollst deinen Naechsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist groesser als diese beiden."
Es ist schade, dass unsere modernen Sprachen so begrenzt sind. Im griechischen gibt es wenigstens vier Worte fuer Liebe und da ist sie differenziert.
Da ist Eros - physische Liebe, die Liebe unter den Geschlechtern; man kann sagen, dass Eros eine sexuelle Liebe ist. Das Wort Eros finden wir nicht im Neuen Testament. Das heisst nicht, dass das Neue Testament gegen physische Liebe ist, sondern das es keine grosse Relevanz hat und deshalb ist es kein Gebot, dass wir uns auf der pysischen Ebene lieben sollen, denn es ist eine der natuerlichen Dinge, die sowieso geschehen.
Da ist eine andere Art von Liebe: Philia. Das ist auch eine physische Liebe. Aristotle sagt, dass die Freude des Liebenden darin besteht, den Geliebten anzublicken, und die Freude des Geliebten besteht darin, die Aufmerksamkeiten zu empfangen. Aber wenn die Schoenheit des Geliebten verblueht, dann verblueht manchmal auch die Liebe, die Philia. Philia ist die hoechste Art der Liebe auf der physischen Ebene, es ist mehr als Eros. Eros ist eine Liebe die vergeht, sie ist voruebergehend. Philia kann bleibend sein.
Die andere Art von Liebe ist Storge und hier handelt es sich um die Familie. Es ist die Liebe fuer die Eltern, die Kinder, all diejenigen, die mit uns durch Blut verbunden sind. Ich frage mich manchmal, wenn ich von Menschen hoere, wie sie schlecht von ihren Familien behandelt werden, ob diese Storge Liebe noch einen Platz hat in den neuen Arten von Gemeinschaften, die jetzt wachsen.
Dann kommen wir zu dem Wort Agape, die goettliche Liebe. Diese Liebe gehoert zur mystischen Erfahrung und Kenntnis eines Menschen. Sie ist ein Geschenk des Geistes.
In dem Evangelium nach Matthaeus (5:43-48) hoeren wir, was Christus darueber sagt:
"Ihr habt gehoert, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Naechsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet fuer die, die euch verfolgen, damit ihr Soehne (und Toechter) eures Vaters im Himmel werdet; denn er laesst seine Sonne aufgehen ueber Boesen und Guten, und er laesst regnen ueber Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr naemlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn koennt ihr dafuer erwarten? Tun das nicht auch die Zoellner? Und wenn ihr nur eure Brueder gruesst, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden?
Ihr sollt also volkommen sein, wie es auch euer himmlicher Vater ist."
Das Wort volkommen (im englischen: perfekt) bedeutet natuerlich, initiiert zu sein. Du musst initiiert sein, wie dein himmlicher Vater ein Initiierter ist. Was Christus hier sagt, ist das die Liebe, die wir auf dieser Erde zum Ausdruck bringen, muss der Liebe Gottes nachgebildet sein.
Was ist das Hauptmerkmal der Liebe Gottes? Er laesst es regnen ueber Gerechte und Ungerechte. Es gibt keine Diskriminierung in Liebe. Gott gibt und gibt und er setzt keine Beschraenkungen auf seine Liebe. Das ist Agape. Sie ist ein unbesiegbares Wohlwollen. Agape Liebe ist der Geist in dem Herzen, der nie etwas anderes sucht als das hoechste Wohl fuer andere Menschen, egal was oder wer sie sind.
Wenn wir das verstehen, dann werden sich gewisse wichtige Wahrheiten herausstellen. Erstens koennen wir von der Vorstellung von Verdienst loslassen. Wenn Aristotle von Liebe schreibt, ist seine ganze Einstellung, dass nur der Mensch geliebt werden kann, der Liebe verdient. Er spricht von denen, die geliebt werden wollen und sich wuenschen, dass ihre Liebe erwidert wird, dass ihr Verlangen laecherlich ist, wenn sie nicht attraktive sind, wenn sie nichts an sich haben, Zuneigung zu erwecken. Plato sagt: "Liebe ist fuer die Schoenen."
Die Qualitaet der Agape Liebe ist die Faehigkeit, die Verpflichtung, die weniger liebenswerten und nicht so schoenen zu lieben; das hoechste Gute in dem anderen Menschen zu suchen, zu sehen, voellig unabhaengig davon, was der Mensch ist, oder tut, oder getan hat.
Die zweite Wahrheit, die sich mit Agape herausstellt, ist die allumfassende Qualitaet dieser Liebe. Fuer die griechischen Schriftsteller ist Liebe exklusiv. Agape ist das Gegenteil, sie ist eine allumfassende mitfuehlende Liebe. Augustine schrieb, dass Gott uns alle so liebt, als ob da nur einer von uns ist. Gott sieht nicht die Billionen von Menschen, er sieht einen.
Die dritte Wahrheit der Agape Liebe ist, dass sie ein Akt des Willens ist. Gewoehnliche menschliche Liebe ist eine Reaktion auf einen anderen Menschen, ich nenne es eine elektrische Art von Vibrieren. Es ist etwas, das einfach geschieht; du kannst dir nicht helfen, es ueberwaeltigt dich.
Aber Agape ist eine Ausuebung des Willens. Es ist ein Zustand des Verstandes, nicht nur des Herzens, der Gefuehle und Emotionen, sondern auch des Willens. Es ist nicht etwas, das einfach geschieht und wir koennen uns nicht helfen, es ist etwas, was wir mit Wille tun. Es ist eine Eroberung und es ist eine Leistung unserer Seele.
Es ist gesagt worden, dass einer der Aspekte von Agape die Faehigkeit und die Macht und die Entschlossenheit ist, diejenigen Menschen zu lieben, die wir nicht moegen. Das ist nicht ganz richtig. Es ist naemlich so, wenn Agape Liebe von unserer Seele stroemt, dann wird das eine objektive Liebe. Es hat nichts mehr mit Neigung oder Abneigung zu tun. Wenn wir den Wasserhahn aufdrehen, sagt das Wasser ja auch nicht, "warte mal, nein, ich mag dich nicht." Es fliesst einfach. Agape macht das gleiche.
Agape ist ein grosser Zerstoerer des Friedens. Willst du Friede haben? Dann liebe nicht. Buddha sagte: "Du willst Frieden? Dann schliesse die Tuer. Meditiere. Schneide alle Zuneigung fuer andere Menschen ab." Er gab sogar Uebungen. Er sagte: "Magst du diese Tasse?" "Ja." "Wirf sie weg! Loese dich davon. Wenn sie zerbrechen wuerde, wuerdest du Schmerzen haben."
Die alten Philosopher sprachen auch viel darueber. Sie sprachen von Selbststaendigkeit, Unabhaengigkeit von allem, was zur Welt gehoert. Sie nannten es apatheia , von dem wir das Wort Apathie haben, aber heute bedeutet das Wort Apathie nicht mehr das gleiche wie damals. Heute bedeutet Apathie, wir sitzen nur da und tun nichts. Damals bedeutete es, dass man von der Welt abgetrennt ist. Ich halte mich von der Welt fern, weil ich Friede will.
Der Philosophe Epipectus sagte: "Liebe macht dich zum Sklaven, weil sie deine Unabhaengigkeit und Eigenwilligkeit wegnimmt. Komm zu uns und wir unterrichten dich darin, indifferent zu werden, dich um nichts zu kuemmern."
Liebe ist der grosse Zerstoerer, denn Liebe bringt dich dazu, dass du dich kuemmerst. Die esoterische Botschaft ist: lerne, dich passioniert und intensiv um andere zu kuemmern. Sie sagt, dass du auf menschliche Verhaeltnisse eingehst, und mit den Augen und dem Verstand und dem Herz den anderen Menschen siehst und fuehlst. Das ist Agape.
St Paulus schreibt ueber die Liebe Gottes in vielen seiner Briefe. Zu den Roemern sagt er: (etwas frei uebersetzt) "Wir erfreuen uns unserer Leiden." Tun wir das? Es ist bisher noch niemand zu mir gekommen und hat gesagt: "Ursula, halleluja." Wir koennen darueber lachen, aber das bedeutet es, ein esoterischer Mensch zu sein. Es beginnt mit Leiden. Dann fragen wir uns, warum wir leiden. Eine der wichtigsten Sachen der esoterischen Ausbildung ist die Faehigkeit, sich selbst zu untersuchen, von Tag zu Tag.
Ich wuerde nicht sagen, dass wir "Halleluja" rufen muessen, aber das wir wissen, das wir leiden weil etwas in unserer Seele wachsen muss, denn Leiden bewirkt Geduld, Durchhaltevermoegen - etwas was sehr fehlt in unserer heutigen Gesellschaft. Wenn wir in einem Bereich nicht laenger gluecklich sind, gehen wir zum naechsten. Wir sind nicht laenger gluecklich hier, dann gehen wir dort hin. Wir zerstreuen unsere Energien und deshalb leiden wir. Aber wenn wir akzeptieren, was hier ist und das bezuegliche Leiden, dann erzeugt es Durchhaltevermoegen, und Durchhaltevermoegen erzeugt Charakter. Und Charakter erzeugt Hoffnung und Hoffnung enttaeuscht nie, weil die Liebe Gottes in unsere Herzen hineinstroemt.
Kann ich einen Vergleich anstellen zwischen der Liebe Gottes und der menschlichen Liebe? Menschliche Liebe, meiner bescheidenen Meinung nach, schwaecht oft unsere Energien. Oft laehmt sie unsere Bemuehungen, aber die Liebe Gottes ist die verwandelnde Dynamik in unserem Leben und sie gibt uns Geduld, Durchhaltevermoegen, Erfahrung und Hoffnung.
Menschliche Liebe vergeht, sie wird erst bleibend, wenn wir andere Menschen mit der Liebe Gottes lieben koennen. Die Liebe Gottes ist untrennbar, es gibt nichts, in Zeit oder in Ewigkeit, dass uns von ihr trennen kann.
No comments:
Post a Comment